Verfestigungsstrahlen, eine Sonderform des Kugelstrahlens, engl. Shotpeening
Beim Verfestigungsstrahlen (englisch Shotpeening) wird in der Bauteilrandzone, also im oberflächennahen Bereich der Bauteile, durch plastische Verformung eine Druckeigenspannung erzeugt. Durch die Kaltverfestigung erhöht sich z.B. die Standzeit hinsichtlich der Dauerschwingfestigkeit und die Beständigkeit gegen Spannungsriss- und Schwingungs-Risskorrosion an Teilen, welche starken Wechselbeanspruchungen ausgesetzt sind. Verfestigungsstrahlen kommt hauptsächlich bei Teilen aus der Luft- und Raumfahrt und im Automotive-Bereich zur Anwendung. Dazu gehören z.B. Federn, Antriebswellen, Kurbelwellen, Zahnräder, Pleuelstangen, Lenkungs- und Getriebeteile, Turbinenschaufeln usw. Durch diese Maßnahme kann das Bauteilgewicht bei gleicher mechanischer Belastbarkeit reduziert werden. Wendet man dieses Verfahren unter Vorspannung an, wird eine zusätzliche Verbesserung der erzielten Eigenspannungswerte erreicht (Stress-Peening).
Wirkungsweise Kaltverfestigung
Mit der Geschwindigkeit Vin auftreffende Strahlmittelkugeln prallen am Bauteil mit der Geschwindigkeit Vout ab und wandeln dabei einen Teil ihrer kinetischen Energie um. Sie dringen in Abhängigkeit ihrer Härte in den Werkstoff des Bauteils ein und hinterlassen einen Einschlag in Kalottenform. Sie wirken dort wie kleinste Schmiedehämmer. Dabei deformiert sich das Korn - wiederum in Abhängigkeit seiner Härte - mehr oder weniger stark. Das Material des Werkstückes (Strahlgut) wird vom eindringenden Korn verdrängt und verdichtet sich dabei. Es entsteht eine plastische Verformung. Bei bestimmten Materialien ändern sich die Dichte und die Härte im Bereich des Eindringens mit der Veränderung im Gefüge. Gleichzeitig baut sich eine Druckeigenspannung in der Bauteilrandzone auf.
Da eine Bauteilzerstörung ihren Ursprung meist in der Bauteilrandzone findet und Risse nicht in Bereichen mit Druckeigenspannungen entstehen oder sich ausbreiten, erhöht sich die Dauerfestigkeit der Bauteile. Werden nun Zugkräfte auf das Bauteil ausgeübt, so müssen diese erst die Druckeigenspannung überwinden, bevor sie in der Bauteilrandzone wirksam werden können.
Reproduzierbarkeit der Kugelstrahlparameter
Shotpeening erfordert die genaue Einhaltung aller Strahlparameter. Strahlmittel-Menge und -Geschwindigkeit, die Art des Strahlmittels, Düsenabstand, Strahldruck, Strahlzeit sowie Auftreffwinkel müssen reproduzierbar sein und protokolliert werden. Die Strahlmittelqualität ist permanent hinsichtlich Kornform und Korngröße zu überwachen.
Die Strahlintensität (Almen-Intensität) als Bogenhöhe des Messstreifens
Die Strahlintensität wird mittels Almen-Teststreifen ermittelt. Diese sind in drei verschiedenen Stärken als „N“, „A“ und „C“-Streifen erhältlich. N-Streifen sind 0,8 mm, A-Streifen 1,3 mm und C-Streifen 2,4 mm dick. Almen-Teststreifen bestehen aus Federstahl, werden in einen Halter eingespannt und einseitig kugelgestrahlt. Dabei wölben sie sich zur kugelgestrahlten Seite hin. Die entstehende Bogenhöhe des Streifens wird mit einer Messuhr gemessen. Es wird mit unterschiedlichen Strahlzeiten eine Sättigungskurve erstellt. Die Sättigung wird durch den Punkt auf der Kurve definiert, an dem einer Verdoppelung der Strahlzeit nur noch eine maximal zehnprozentige Erhöhung der Bogenhöhe folgt. Die Bogenhöhe des verformten Almenstreifens zu diesem Zeitpunkt gibt die Almenintensität an. Dabei muss der verwendete Almen-Messstreifen mitbenannt werden z.B. Intensität = 0,25 mm A.
Bedeckungsgrad
Ziel ist das Erreichen einer gleichmäßig hohen Druckeigenspannung in der gesamten Bauteilrandzone. Dieses Ziel wird nur mit einem Bedeckungsgrad von mindestens 100% erreicht.
Anwendungsbeispiele
Fahrzeugfeder nach dem Kugelstrahlen. Wird eine Feder unter Vorspannung kugelgestrahlt, entsteht eine bedeutend höhere Druckeigenspannung als dies beim normalen Kugelstrahlen der Fall wäre. So sind beispielsweise noch höhere Gewichtsreduzierungen bei gleicher Belastbarkeit der Bauteile möglich.
Ein Pleuel nach dem Shotpeening zeigt trotz seiner rauen Oberfläche im Dauerversuch eine mehrfach höhere Lebensdauer als ein poliertes, nicht kugelgestrahltes. Obwohl nur die Radien an den Übergängen zu den Augen die kritischen Stellen sind, ist es wirtschaftlich sinnvoller, das komplette Pleuel vor der Bearbeitung der Lagerstellen zu strahlen.
Kegelrad nach dem Verfestigungsstrahlen. Die Radien am Zahnfuß sind für gewöhnlich die am höchsten beanspruchten Bereiche. Gleichzeitig wird durch die Veränderung der Topographie an den Zahnflanken sowohl die Schmierung verbessert, als auch Betriebsgeräusche reduziert und die Temperatur gesenkt.
Aufnahmen mittels Keyence-Mikroskop
Oberflächentopografie mit Vermessungsdaten einer kugelgestrahlten Oberfläche, ermittelt mit Keyence VHX 5000.
Topografie einer Oberfläche nach dem Shot-Peening mit Keramikkugeln Z425. (Foto mit KEYENCE VHX 5000)